Tauchen mit Hörbeeinträchtigung

Tauchen mit Hörbeeinträchtigung

6. Juli 2024 Aus Von Webmaster

von Elisabeth Trittremmel

Bei Tauchen mit Behinderung denken vermutlich die Wenigsten als Erstes an Gehörlose Menschen, die ja per se keine körperlichen Adaptionen beim Tauchen vornehmen müssen. Im Gegenteil: Gehörlose sind unter Wasser ggü. Hörenden sogar im Vorteil! Sprechen funktioniert hier nicht, Hören auch nur eingeschränkt. Die Kommunikation per Gebärdensprache dagegen funktioniert unter Wasser wunderbar und Gehörlose verstehen daher die Anweisungen des Instruktors besser/schneller als andere Taucher.

Warum bin ich dann dennoch beim RRTC gelandet und nicht bei einem x-beliebigen Tauchverein? Weil ich als gehörlose Taucherin leider immer wieder auf Barrieren stoße.

Einige Beispiele

Am häufigsten: Exklusion von Einweisungen, Gesprächen und Austausch vor und nach Tauchgängen. Jeder Taucher weiss, wie wichtig und hilfreich es ist für eine gute mentale Einstellung und einen erfolgreichen Tauchgang, sich gesehen und sich ausreichend informiert über Tauchpläne, Wetter, Ortsbedingungen und andere – scheinbar – banale Dinge zu fühlen.

Üblich sind leider immer wieder generelle Berührungsängste. Ja – Gehörlose dürfen und können tauchen! Jede Form von Gehörlosigkeit ist anders und nicht jede davon führt automatisch zu Druckausgleichs- oder anderen Problemen. Ein Arztbesuch vorab klärt ohnehin alle Unsicherheiten ab.

Worst case war die Ablehnung durch Tauchbasen. Ja, die Ablehnung eines vor wenigen Tagen(!!!) abgelaufenen ärztlichen Attests ist grundsätzlich gerechtfertigt und begrüßenswert. Nicht aber, wenn das Attest lediglich von der Gehörlosen Person eingefordert wird und alle anderen hörende Teilnehmer nicht mal danach gefragt werden. In dem Fall ist das Audismus und Diskriminierung. (Abgesehen davon ist es fahrlässig: Auch Hörende können andere unsichtbare gesundheitliche Probleme haben, bei denen vom Tauchen abgeraten wird.)

Daher wünsche ich mir in Zukunft mehr gebärdensprachige Menschen – ganz egal, ob hörend oder gehörlos – im Tauchsport anzutreffen, damit wir gemeinsam alle unnötigen Vorurteile abbauen. ÖGS bietet schliesslich nicht nur Gehörlosen, sondern auch Hörenden viele Vorteile. Sie ist eine Erweiterung der bereits üblichen Taucherhandzeichen, sie erleichtert die Kommunikation an lauten Orten (Booten), über Distanzen hinweg, und unter Wasser sowieso. Ausserdem erleichtert sie den Zugang zu diesem schönen Sport für Menschen mit Kommunikationsbehinderungen.

Kurz gesagt

Wir Gehörlose wollen nur an Land genauso behandelt werden wie alle Taucher unter Wasser!

Kommunizieren mit gehörlosen/schwerhörigen Personen

  • Geduld mitbringen!
  • Auf Augenkontakt und optimale Beleuchtung achten.
  • Nicht schreien. Es hilft nix.
    • Pro-Tipp: Nicht nach Lippenlesen fragen. Wir machen es sowieso alle (un)bewusst und es schiebt die „Problemlösung“ nur auf die gehörlose Person ab.
  • Kurze, klare Sätze. Möglichst dialektfrei. Danke.
  • (Fachwörter/Fremdwörter/fremdsprachige Wörter bei der ersten Verwendung gern schriftlich vorzeigen.)
  • Mimik und Körpersprache unterstützend einsetzen.
    (z.B. positive Aussagen mit Nicken bestärken, Negatives mit Kopfschütteln, etc…)
  • Aufmerksamkeit erregen durch Winken und/oder Schulterklopfen
  • Wenn ihr unsere Herzen endgültig erobern wollt: Gebärdensprache lernen!

Reminder: Gehörlosigkeit/Schwerhörigkeit ist wie jede andere Behinderung ein Spektrum – daher immer gerne individuelle Bedürfnisse erfragen!